Forum „Landwirtschaft im Dialog“

178 - 02.11.2022

Forum „Landwirtschaft im Dialog“

Würzburg (ruf) – Beim ersten Forum „Landwirtschaft im Dialog“, veranstaltet vom Bereich Ernährung und Landwirtschaft der Regierung von Unterfranken zusammen mit den vier unterfränkischen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), trafen sich Vertreter aus Politik, Verwaltung, Verbänden, Kommunen, Handel und Landwirtschaft zum gemeinsamen Dialog. Im Betrieb der Familie Cäsar in Eßleben (Landkreis Schweinfurt) gab es eine Fülle an Informationen zur aktuellen Situation der unterfränkischen Landwirtschaft, mit den Schwerpunktthemen Tierwohl, regionale Versorgung sowie Versorgungssicherheit.

Zunächst konnten die rund 80 Teilnehmer einen Blick in den Legehennenstall des Ökobetriebs Cäsar werfen. Dort gaben die beiden Betriebsleiter Hilmar und Frederik Cäsar einen detaillierten Einblick in ihre regionale Eierproduktion. Sie zeigten unter anderem, wie ihre Legehennen den großzügig angebotenen Auslauf ins Freie nutzen und informierten über die Bruderhahn-Initiative. Schon dabei gab es intensive Diskussionen über Vor- und Nachteile dieser Form der Tierhaltung.
Anschließend gab es in der liebevoll mit regionalen, herbstlichen Ernteprodukten dekorierten Maschinenhalle des Betriebs Cäsar drei Impulsvorträge, bevor sich die Teilnehmer in drei Gruppen aufteilten und über das Gehörte und Gesehene diskutierten. Bei einem Imbiss mit regionalen Erzeugnissen konnten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Abschluss noch weiter austauschen und vernetzen.

Prof. Dr. Peter Breunig von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf referierte zum Thema „Globale Ernährungssicherung und lokales Konsumverhalten in Krisenzeiten“. Er verdeutlichte dabei die globale Herausforderung der Welternährung. Obwohl der weltweite Pro-Kopf-Nahrungsbedarf in den letzten 50 Jahren bei einer auf 7,4 Milliarden Menschen mehr als verdoppelten Weltbevölkerung von 2.200 auf 2.900 Kalorien gestiegen ist, sei gleichzeitig die landwirtschaftliche Fläche nur marginal, von 1,3 Milliarden auf 1,4 Milliarden Hektar gewachsen, so Breunig. Die aktuelle und zukünftige Herausforderung ist zudem, ein weiteres Bevölkerungswachstum um zusätzliche 2 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 zu bewältigen. Dabei sind heute bereits über 800 Millionen Menschen unterernährt, jedoch auch etwa 2 Milliarden Menschen übergewichtig. Der Klimawandel, die Covid-Pandemie und kriegerische Konflikte gefährden die Ernährungssicherung zusätzlich.
Der Referent zeigte, welchen Beitrag einzelne Maßnahmen zur Ernährungssicherung leisten können. Demnach habe der Verzehr von Fleischprodukten den weitaus größten Einfluss auf das weltweite Angebot von Nahrungsmitteln. Sowohl der Ausstieg aus dem Anbau von Energiepflanzen etwa für Biogas-Anlagen als auch die Rücknahme der verpflichtenden Flächenstilllegung in der EU könnten diesen Beitrag bei weitem nicht leisten. Darüber hinaus forderte Breunig zu einer stärkeren Diskussion darüber auf, welchen Beitrag Deutschland künftig für die globale Ernährungssicherung leisten wolle – sowohl beim Konsum als auch bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln. Sein Fazit war, dass in der Summe unser Konsum an Nahrungsmitteln weltweit bereits mehr Flächen beansprucht, als wir in Deutschland dafür zur Verfügung haben, wir also bereits jetzt auf Kosten anderer Regionen leben.

Danach berichtete Hilmar Cäsar, wie sich sein bis 1980 als Milchviehbetrieb mit 15 Kühen und ca. 25 ha Nutzfläche geführter Hof nach und nach zu einem Ökobetrieb mit inzwischen 450 ha Fläche und 6.000 Legehennen entwickelt hat. Neben den klassischen Ackerfrüchten wie Getreide, Mais und Rüben erweitern inzwischen Rote Bete, Zwiebeln, Melonen, Erbsen und Sojabohnen die Fruchtfolge. Der ehemalige Familienbetrieb hat sich mit dem Einstieg von Sohn Frederik und etlichen festen sowie Saison-Mitarbeitern zu einem stattlichen mittelständischen Unternehmen entwickelt.

Im dritten Impulsvortrag stellte Karoline Schramm vom AELF Kitzingen-Würzburg den auf Ferkelerzeugung und Schweinemast spezialisierten Betrieb von Martin Konrad aus Kürnach vor. Der konventionell geführte Familienbetrieb bewirtschaftet 115 ha Ackerfläche. 2006 wurde im Außenbereich ein neuer Schweinestall gebaut, in dem 260 Zuchtsauen auf Stroh stehen. Geplant ist aktuell ein weiterer Umbau der Stallungen, mit dem die Haltungsform und das Tierwohl erheblich über die gesetzlichen Vorgaben verbessert werden soll. Um die damit höheren Produktionskosten auszugleichen, ist eine höherwertige regionale Vermarktung des gesteigerten Tierwohlstandards über den Lebensmitteleinzelhandel erforderlich. Karoline Schramm zeigte zudem, wie in Unterfranken die Bestände in der Schweinehaltung allein in den letzten 15 Jahren um ein Viertel gesunken sind. Sie nannte als Grund dafür die niedrigen und schwankenden Erlöse beim Verkauf der Tiere, aber auch zunehmend steigende Anforderungen der Gesellschaft sowie negative Schlagzeilen in den Medien.

Um gemeinsam in den Dialog zu kommen, wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Anschluss in Kleingruppen aufgeteilt. Ziel des Forums war es ja, sich auszutauschen und gemeinsam nach tragfähigen Zukunftsvisionen zu suchen. So wurde an drei Stationen über das Marktumfeld, Verbraucherverhalten, Ökolandbau, die Legehennen- und Schweinehaltung, Tierwohl sowie regionale Lebensmittelversorgung und Versorgungssicherheit diskutiert. Dabei wurde durchaus kontrovers diskutiert und Probleme wurden offen, aber stets sachlich angesprochen. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben dabei Anregungen erhalten und konnten ihren Blick erweitern.
Klaudia Schwarz vom AELF Schweinfurt fasste ihre Eindrücke zusammen: „Das Veranstaltungsformat sollte Vertrauen in das Tun der Landwirtinnen und Landwirte schaffen, sowohl zu konventionell geführten als auch Bio-Betrieben. Unsere gemeinsame Anstrengung muss dahin gehen, dass alle Akteure eingebunden werden und die Zukunft gemeinsam gestalten.“ Sie bewertete das Format als vollen Erfolg und ist sicher, dass es eine Fortsetzung gibt.


Anlage: 1 Bild

Bildunterschrift: Zufriedene Gesichter bei den Organisatoren und Referenten nach der Veranstaltung (v.li.): Heiko Lukas, Regierung von Unterfranken, Prof. Dr. Peter Breunig, Betriebsleiter Hilmar und Manuela Cäsar sowie Frederik und Hildegard Cäsar, Karoline Schramm, AELF Kitzingen-Würzburg, Klaudia Schwarz, AELF Schweinfurt. (Foto: Peter Reitz, Regierung von Unterfranken)