Arbeitsunfälle in Unterfranken – Jahresbilanz 2024: Unvorhersehbare Ereignisse haben hohen Anteil an tödlichen Unfallursachen
007 - 29.01.2025
Arbeitsunfälle in Unterfranken – Jahresbilanz 2024: Unvorhersehbare Ereignisse haben hohen Anteil an tödlichen Unfallursachen
Würzburg (ruf) – Die Untersuchung von Arbeitsunfällen gehört zum Alltag der unterfränkischen Gewerbeaufsicht. Meist wird eine Meldung über einen Arbeitsunfall durch die Polizei übermittelt. Insgesamt sind mehrere Akteure an der Unfalluntersuchung beteiligt: Die Berufsgenossenschaft begutachtet den Unfallhergang seitens des Versicherungsträgers. Die Polizei ermittelt im Auftrag der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf Straftaten (Tötung, Körperverletzung und Sachschaden) und die Gewerbeaufsicht agiert als staatliche Überwachungsbehörde in Sachen Arbeitsschutz, ordnet bei Bedarf im betroffenen Betrieb Maßnahmen an und gibt ihre Erkenntnisse – sofern gefordert – an die Staatsanwaltschaft weiter. Wegeunfälle, die auf dem direkten Weg von Zuhause zur Arbeitsstätte oder zurück passieren, gelten ebenfalls als Arbeitsunfälle und sind über die Berufsgenossenschaft versichert, werden jedoch von der unterfränkischen Gewerbeaufsicht nur in einzelnen Fällen untersucht.
Im Jahr 2024 sind 227 (2023: 170 Fälle; 2022: 191; 2021: 231; 2020: 258) solcher polizeilichen Meldungen bei dem unterfränkischen Gewerbeaufsichtsamt in Würzburg eingegangen. Unter diesen Meldungen waren leider auch sechs Unfälle mit tödlichem Ausgang:
- Im Februar im Landkreis Kitzingen kam es bei Reinigungsarbeiten eines ca. 1400°C heißen Warmhalteofens einer Gießerei zu einer unerwarteten und ursächlich ungeklärten Verpuffung und dem Herausschleudern von ca. 100 kg Flüssigeisen, das sich teilweise über den Oberkörper des verunfallten Arbeiters ergoss. Seine Verletzungen waren so schwer, dass er eine Woche später verstarb.
- Im März im Landkreis Haßberge stürzte ein Arbeiter bei der Demontage eines Baukrans auf einer Baustelle aus ca. 3 Metern Höhe ab. Die erlittenen Verletzungen führten etwa einen Monat später zum Tod.
- Im April im Landkreis Haßberge wurde der Fahrer eines Holztransporters durch einen umfallenden Baum am Rande eines Waldwegs tödlich verletzt. Der Baum war vermutlich von vorangegangenen Stürmen geschwächt. Der Fahrer wollte gerade einen anderen, deutlich kleineren Baum, der quer über den Waldweg lag, beiseite räumen. Die Person war alleine und niemand bekam den Unfall direkt mit.
- Im Mai im Landkreis Miltenberg wurde ein Arbeiter an der Engstelle einer Brecheranlage für Betonteile eingeklemmt. Auch dieser Verunfallte arbeitete allein und war dadurch nicht in der Lage Hilfe zu erhalten.
- Im Juni im Landkreis Bad Kissingen in einer Betriebshalle versagte beim Einlagern von Stahlstangen der Haltebügel in ca. 2,5 m Höhe. Die Stangen gerieten dadurch ins Rutschen. Der Verunfallte wollte die Stangen auffangen und wurde tödlich am Kopf verletzt.
- Im Oktober im Landkreis Bad Kissingen löste sich in einer Fertigungshalle beim Anheben mittels Schwenkkran aus einer Holzwand die Verankerung der Anschlagöse. Die herabfallende 860 kg schwere Holzwand erschlug den Kranbediener, der sich in der unmittelbaren Nähe befand.
Schwere und tödliche Unfälle werden häufig dadurch verursacht, dass eine aufwändigere, dafür aber sichere Arbeitsweise nicht befolgt wird. Die vermeintliche finanzielle oder zeitliche Ersparnis fordert jedoch am Ende den Höchstpreis: ein Menschenleben. Ist man täglich bei der Arbeit Gefahren ausgesetzt, tritt ein gewisser „Gewöhnungseffekt“ ein. Die Achtsamkeit lässt nach und dies führt früher oder später zu Unfällen.
Die oben beschriebenen Unfälle verdeutlichen, dass auch sehr unwahrscheinliche Ereignisse und die Verkettung unglücklicher Zufälle zu einem tödlichen Unfall führen können. Es ist eine der großen Herausforderungen im Arbeitsschutz, alle Eventualitäten mitzudenken und entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen. Gefährliche Arbeiten sollten nicht alleine durchgeführt werden und es sollte stets die Möglichkeit gegeben sein, Hilfe herbeizurufen.
Jeder dieser Unfälle hat zusätzlich schwer zu beziffernde Folgen für die Angehörigen, Freunde und Kollegen. Aus der Sicht des rechtlichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind vor allem unmittelbare Zeugen – oft sind es Arbeitskollegen – solcher schweren Unfälle aufgrund von Traumatisierungen als Mitverletzte zu betrachten, auch wenn die Verletzungen rein seelischer Natur sind.
Die Zahl der Unfälle bei der Arbeit mit tödlichem Ausgang in Unterfranken liegt trotz leichter Schwankungen seit 20 Jahren im einstelligen Bereich und folgt der deutschlandweiten Entwicklung. In den letzten 40 Jahren hat sich die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle in einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt mehr als halbiert.
Der Rückgang der tödlichen Verletzungen bei der Arbeit ist auch auf ein höheres Arbeitsschutzniveau zurückzuführen, welches auf verbesserten Arbeitsschutzgesetzen und einer erfolgreichen Präventionsarbeit basiert. Ferner ist die qualitative Verbesserung der (auch innerbetrieblichen) Rettungsmaßnahmen und der unfallmedizinischen Versorgung für den Erhalt vieler Leben verantwortlich.
Regierungspräsidentin Dr. Susanne Weizendörfer bittet auch zukünftig wachsam zu sein und das Thema Arbeitsschutz im Betrieb und auf Baustellen nicht zu vernachlässigen: „Ein guter Arbeitsschutz rettet nicht nur Leben, sondern wirkt sich auch positiv auf die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter aus.“
Weitergehende Informationen zum Thema Arbeitsschutz erhalten Sie im Internet unter:
Gewerbeaufsicht - Arbeitsschutz (bayern.de) oder beim Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Unterfranken.